Wie unterstützt die Klimaschutzgesetzgebung die Schweizer Kreislaufwirtschaft?
Whitepaper in Kürze
- Im Moment haben das Schweizer Umweltschutzgesetz und die Klimaschutzgesetzgebung mit der Kreislaufwirtschaft wenig Gemeinsamkeiten.
- Ersteres beschränkt sich in diesem Zusammenhang hauptsächlich auf die Abfallbehandlung, letzteres nutzt CO2-Lenkungsabgaben, welche aber kreislauftypische Produkte nicht oder nur wenig betreffen.
- Mit einer aktuellen parlamentarischen Initiative soll die Kreislaufwirtschaft jedoch ihren Weg in die Schweizer Gesetzgebung finden.
Ausgangslage
Die Umweltschutzgesetzgebung der Schweiz ist in ihren Grundlagen im Umweltschutzgesetz (USG, SR 814.01) von 1984 geregelt. Wie in vielen anderen Rechtsbereichen verfügen die Kantone über umfassende Gesetzeskompetenz, weshalb in einzelnen Fällen auch immer das kantonale Recht konsultiert werden muss. Das USG regelt die Auswirkungen der Tätigkeit der Menschen auf die natürliche Umwelt und umfasst die fünf Teilbereiche Luft, Lärm, Stoffe, GV-Organismen und Abfälle. Es ist somit weitgehend an End-of-Pipe Fragen orientiert. Ressourceneffizienz ist heute kein zentraler Aspekt der Umweltschutzgesetzgebung in der Schweiz.
Aufgrund der Initiative «grüne Wirtschaft» macht sich das Parlament in den Jahren 2013 bis 2016 an eine grundsätzliche Überarbeitung des Umweltschutzgesetzes. In dieser Neuauflage sollte auch das Thema Ressourceneffizienz in die Umweltschutz-Gesetzgebung mit einbezogen werden. Das so überarbeitete Gesetz wurde als direkter Gegenvorschlag für die Initiative entwickelt aber im letzten Moment vom Parlament versenkt.
Das Umweltschutzgesetz und seine Umsetzung
Zentrale Instrumente des Umweltschutzes in der Schweiz sind Verbote (Inverkehrbringen von Stoffen) Grenzwerte und Lenkungsabgaben. Für die praktische Arbeit sind weniger das USG als die dazu gehörenden Verordnungen relevant. Für den Bereich der Kreislaufwirtschaft besonders relevant dürfte die technische Verordnung Abfälle (TVA SR 814.600) sein. Diese regelt in zum Teil sehr grosser Detailtiefe, wie mit Abfällen umgegangen werden soll. Dies kann bei Projekten der Kreislaufwirtschaft, welche eine neue Form der Abfallbehandlung einführen wollen, zu erheblichen Schwierigkeiten führen. Eine frühzeitige Abklärung lohnt sich hier besonders. Generell ist es jedoch von Vorteil, dafür zu sorgen, dass Materialien, die in einem Kreislauf geführt werden, gar nicht als Abfall deklariert werden. In diesem Fall kann die Anwendung der TVA vermieden werden.
Es ist an der Zeit, auch für die Kreislaufwirtschaft die politischen Eckpfeiler zu setzen. Klima- und Umweltpolitik sind ohne Kreislaufwirtschaft nicht mehr denkbar.
Klimaschutz
Die Grundlagen für den Klimaschutz werden weitgehend im CO2-Gesetz (SR 641.71) geregelt. Weitere wichtige Grundlage sind das Energiegesetz (ENG SR 730.0), welches die Förderung der erneuerbaren Energien umfasst, das Landwirtschaftsgesetz und separate Regelungen für technische Gase. Letztere spielen in der Kreislaufwirtschaft sehr selten eine Rolle, weshalb der Fokus dieser Betrachtung auf dem CO2-Gesetz liegt.
Die produzierende Wirtschaft ist im Wesentlichen über die CO2-Abgabe auf Brennstoffe betroffen. Die Brennstoffkosten machen jedoch in Produktionsbetrieben selten mehr als 2 bis maximal 5 % der Produktionskosten aus. Firmen mit Prozessen, die hohen Energieverbrauch ausweisen, können sich ausserdem mit einer Zielvereinbarung von diesen Lenkungsabgaben befreien lassen.
Die Klimaschutzgesetzgebung wirkt sich leider kaum unterstützend auf die Kreislaufwirtschaft aus. Da die Schweiz heute die meisten Konsumgüter importiert und die dahinter enthaltenen grauen Emissionen nicht gesetzlich geregelt sind, spielt auch die CO2 Lenkungsabgabe kaum eine Rolle für die Preisbildung von Gütern.
Zusammenfassung und Ausblick
Alles in allem kann zusammengefasst werden, dass weder die Umweltschutzgesetzgebung noch die Klimaschutzgesetzgebung in der Schweiz die Kreislaufwirtschaft bisher unterstützten.
Jedoch ist aktuell die Vernehmlassung zu der parlamentarischen Initiative der UREK-NR 20.433 «Schweizer Kreislaufwirtschaft stärken», Teilrevision Bundesgesetz über den Umweltschutz, eröffnet (2. Nov. 2021 bis 16. Feb. 2022). Hier sollen wesentliche Elemente der Kreislaufwirtschaft in der Schweizer Gesetzgebung verankert werden. Ein wichtiger Schritt in die richtige Richtung.
Autor

Dr. Berko Sierau
Experte Mobilität/Klima/Kreislaufwirtschaft
swisscleantech